Lederpflege
Leder lebt!
Leder pflegen, reinigen und reparieren - so wird’s gemacht
Die richtige Reinigung und Pflege von Lederausstattungen sind eines der häufig diskutierten
Themen der Szene. Kaum ein Sammler oder Schrauber, der nicht das eine oder andere
„Geheimrezept" parat hat.
Wir schauten den Profis der Werkstatt Winklmayr über die Schulter um zu erfahren, welche
Mittel und Prozeduren gut für das Leder sind - und wovon Sie besser die Finger lassen
sollten...
Für die Innenausstattung von Serienfahrzeugen verwendeten die Hersteller schon immer
hauptsächlich Rindsleder, seltener sind Häute vom Wasserbüffel zu finden. Bis etwa Mitte der
fünfziger Jahre wurden die Tierhäute ausschließlich mit pflanzlichen Stoffen gegerbt.
Dann stiegen auch Handwerksbetriebe immer mehr auf das Chromgerbungsverfahren um. Es
verkürzte den Prozeß und machte ihn dadurch preiswerter. Bezüge besonders hochwertiger
Fahrzeuge werden jedoch auch heute noch mit pflanzlichen Gerbstoffen bearbeitet. Insider
stufen dieses Leder immer hochwertiger ein als chromgegerbtes.
Zu erkennen sind die unterschiedlichen Qualitäten auch für Laien. Wurde mit pflanzlichen
Stoffen gegerbt, so bleibt die Rückseite fast immer naturfarben, egal mit welchem Farbton die
eigentliche Färbung vorgenommen wurde.
Gutes chromgegerbtes Material ist dagegen immer vollständig durchfärbt. Zum anderen
erkennt man die Gerbart an der Geschmeidigkeit, nach dem alten Verfahren erzeugte Leder
fassen sich deutlich fester an.
Von Leder spricht der Fachmann übrigens erst, wenn das Gerben der Tierhaut abgeschlossen
ist. Zunächst müssen aber die Ober- und Unterhaut entfernt werden. Dazu werden die
Rohhäute in Behältern mit Kalk oder Natriumsulfit behandelt. Nach diesem Einweichen
können die Oberhaut mit den Haaren und die Unterhaut mechanisch abgetragen werden. Die
gewonnene sogenannte Blöße wird durch Enzyme im Fasergeflecht aufgelockert, so können
die Gerbstoffe besser wirken. Diese lagern sich an den Eiweißkörpern der Fasern an und
verflechten sie fest miteinander, indem sie lange Molekülketten bilden. Die Häute verlieren
dadurch ihre Quellfähigkeit und werden resistent gegen Fäulnis. Einige der beim Gerben
zugeführten Stoffe werden auch Antioxydantien genannt. In der Zurichtung schließlich wird
das Leder je nach Einsatzzweck gefärbt, geschliffen, gefettet oder auch gepreßt. Bei Bedarf
wird es sogar mit einer künstlichen Narbung geprägt.
Viele Arbeitsschritte sind also nötig, um überhaupt Leder zu erhalten. Würde man die Häute
nicht gerben, so wären sie etwa innerhalb eines Jahres vollständig verrottet. Die
Antioxydantien zögern den Verfall erheblich hinaus.
Der Verfall des Leders wird aber durch verschiedene Einflüsse wie Feuchtigkeit, Hitze,
Sonneneinstrahlung und natürlich durch mechanischen Abrieb beschleunigt. Auch
biochemische Prozesse tragen ihren Teil bei. Beispielsweise durch das menschliche Hautfett,
mit dem nahezu jedes Leder mehr oder weniger intensiv in Kontakt kommt, werden die beim
Gerben zugeführten Stoffe regelrecht verbraucht.
Richtige Lederpflege besteht also immer aus mehreren Komponenten: Wo nötig, muss es vor
Feuchtigkeit geschützt werden, UV-Strahlung muß abgehalten und fehlende Antioxydantien
müssen ergänzt werden. Darüber hinaus bedürfen verschlissenen Oberflächen und
ausgebleichte Farben einer Behandlung. Und spätestens jetzt wird wohl jeder erkennen, dass
es mit Geheimrezepten wie Nivea-Creme, Kondensmilch oder schwarzem Tee wohl kaum
getan sein kann! Lachen Sie nicht, genau auf mit solchen und ähnlichen Mitteln behandeltes
Leder stößt die Werkstatt Winklmayr immer wieder.
Vielleicht riecht ihr Oldie ja deshalb ein wenig ranzig, weil der Vorbesitzer das Leder mit
Sahne behandelt hat...
Unbedingt vermeiden sollten Sie auch silikonhaltige Produkte. Die mögen auf Kunststoffen
wirken, bringen bei Leder aber nur eine schnelle optische Verbesserung und keinerlei Pflege.
Steigen wir also in die professionelle Lederpflege ein. Als erstes Testobjekt haben wir einen
hellen Fahrersitz aus einem Aston Martin gewählt. Das Leder ist gut erhalten und normal
verschmutzt, zeigt aber einige Brüche in der Oberfläche, die auf mangelnde Pflege in der
Vergangenheit schließen lassen.
Zunächst saugten wir den Sitz gründlich ab, besonderes Augenmerk muss dabei auf
versteckten Schmutz, beispielsweise zwischen Kedern und Leder gerichtet werden. Die
Reinigung ist auch mit Druckluft und einer Ausblaspistole möglich. Auch kleinste
Sandkörnchen oder Steine, die leicht zu Kratzern in der Oberfläche führen könnten, werden so
entfernt.
Zur eigentlichen Säuberung bietet die Firma Winklmayr zwei verschiedene Produkte an, wir
entschieden uns für Colourlock Reiniger mild, bei intensiver Verschmutzung wäre der
Reiniger stark richtig.
Beide Mittel sind Flüssigkonzentrate die auf einem leicht (!) feuchten Schwamm schnell
einen dichten Schaum bilden. Ganz wichtig ist es, mit nur sehr wenig Wassere zu arbeiten.
Erstens würde das Produkt sonst zu sehr verdünnt und die Reinigungswirkung wäre geringer,
zweitens soll Wasser erst gar nicht in Risse oder Brüche eindringen.
Ein paar Tropfen des Reinigers auf dem feuchten Schwamm reichen völlig aus! Mit
kreisenden Bewegungen und wenig Druck werden nun die Verunreinigungen vom Leder
entfernt. Der schmutziggrau gewordene Schaum wird mit einem Frotteehandtuch vom Leder
abgenommen. Oft sitzt in den Vertiefungen der Ledernarbung besonders viel Dreck, der mit
einer sehr weichen Zahnbürste entfernt werden sollte. Auch dabei mehr Schaum als mit
Wasser arbeiten!
Diese Stellen verdienen aber eine nähere Untersuchung mit einer Lupe, um zu prüfen, ob es
sich wirklich um Narbung oder vielleicht doch um feine Risse handelt. Bei Rissen würde eine
Behandlung mit der Zahnbürste natürlich nichts bringen, es könnte sogar ein Teil der
Farbschicht abgetragen werden.
Wir brauchten für die Intensivreinigung des einen Sitzes rund eine halbe Stunde. Leider zeigte
unser Aston-Martin-Gestühl einige feine Risse in der Oberfläche. An ein paar Stellen war
auch die Farbe fleckig, was aber nichts mit der durchgeführten Reinigung zu tun hat, auf dem
sauberen Sitz fiel es aber erst jetzt richtig auf.
Die Risse behandelten wir mit Flüssiglederspachtel aus der Tube. Insgesamt 44 Farbtöne
stehen zur Verfügung. Aus der Tubenspitze läßt man etwas zu viel Flüssigkeit in den Riss
fließen und verstreicht das überschüssige Material auf das Leder rund um die Beschädigung.
So wird eine geschlossene Oberfläche geschaffen. Bei besonders klaffenden Rissen ist unter
Umständen eine zweite oder auch dritte Behandlung nötig. Vorausgesetzt, die Reinigung
wurde richtig durchgeführt, haftet das spachtelartige Reparaturmaterial nach etwa einer
halben Stunde Trocknungszeit fest auf dem Leder und läßt sich praktisch nicht mehr
entfernen. Es bleibt dabei von seiner Konsistenz her so elastisch wir das Leder selbst.
Je nach Anzahl der Risse kann es einige Zeit in Anspruch nehmen, bis alle schadhaften
Stellen egalisiert sind. Die Zeit sollten Sie sich aber nehmen - das Ergebnis rechtfertigt sie.
Eine Tube Flüssigleder im jeweiligen Farbton mit sieben Milliliter Inhalt kostet knapp € 16 -
nicht eben billig, aber mit dem Inhalt kann man eine Menge Risse behandeln. Beim Aston
Martin hätte es locker für beide Vordersitze, die Rückbank und eventuelle Schäden an
Armaturenbrett oder Türverkleidung gereicht.
Den leicht fleckigen Sitz behandelten wir anschließend mit Colourlock Leather Fresh
Tönung, die ebenfalls in 44 Farbnuancen lieferbar ist. Auch die Tönung wird mit einem
kleinen Schwamm auf das Leder gebracht. Wichtig ist ein gleichmäßig dünner Auftrag auf
der gesamten Fläche. Es ist besser, die Prozedur zu wiederholen, als zu viel von der Tönung
zu verwenden. Wir waren nach einem einmaligen Auftrag mit dem Erreichten sehr zufrieden,
die vorher deutlich sichtbaren Flecken waren verschwunden. Wie gesagt, es handelt sich nur
um eine Tönung und nicht um eine vollständig deckende Farbe. Geringe Farbunterschiede im
Material bleiben also ganz gewollt erhalten, denn unter anderem ist es ja gerade das, was das
Leder zum Leben erweckt.
Die gereinigte und getönte Oberfläche bedarf nun dringend des Schutzes vor den bereits
erwähnten Umwelteinflüssen. Wir verwendeten dafür Colourlock Leather Protector. Der
Protector fettet zum einen das Leder, zum anderen versieht er es mit einem UV-Schutz und
erhält die benötigten Antioxydantien, um das Leder dauerhaft zu konservieren. Auch dieses
Produkt wird mit einem Schwamm aufgetragen.
Obwohl der Protector Leder nachfettet, darf er nicht mit einem Lederfett verwechselt werden.
Nur offene Autos oder auch Motorradsättel, die zwangsläufig immer wieder mal mit
Regenwasser in Verbindung kommen, bedürfen einer zusätzlichen Versiegelung mit
Lederfett.
Die Firma Winklmayr hat unter dem Namen Colourlock Elephant Lederfett ein synthetisches
Produkt im Programm, das uns in der Anwendung und vor allem im Geruch überzeugte. Der
bei vielen tierischen Fetten störende Geruch ist nicht vorhanden. Auch die oft klebrige
Wirkung anderer Produkte bleibt aus, das Leder fühlt sich angenehm und geschmeidig an und
riecht einfach nur nach Leder. Aber auch die Elephant-Dose mit 125 Gramm Inhalt ist mit
€ 12,50 kein Sonderangebot.
Alle bisher beschriebenen Arbeiten sind relativ einfach von jedermann zu machen. Auch bei
einem zweiten Sitz, der mit schwarzem Leder bezogen ist und starke Gebrauchsspuren zeigte,
kamen wir mit den entsprechenden Prokukten auf Anhieb zurecht.
Das Glattleder-Pflege-Set, bestehend aus 150 ml Reiniger (wahlweise mild oder stark) und
150 ml Protector kostet bei der Firma Winklmayr € 24.-
Wer die Tönung mit ebenfalls 150 ml Inhalt braucht, muß nochmals € 20 ausgeben.
Der Inhalt reicht jeweils aus, um etwa drei Lederausstattungen wieder auf Vordermann zu
bringen, einen guten Pflegezustand des Leders vorausgesetzt.
Bei verschlissenem oder langer Zeit ungepflegtem Material ist der Verbrauch natürlich
entsprechend höher.
Schließlich behandelten wir noch teilweiser den Sitz eines echten Scheunenfundes. Das
Ledergestühl aus einem Mercedes-220 SE-Cabriolet des Typs W.111 war nicht nur extrem
verschmutzt, sondern zeigte auch einige echte Beschädigungen. Außerdem war das pflanzlich
gegerbte Leder bretthart geworden. Eigentlich ein Fall für den Profi, denn hier reicht die
beschriebene Behandlung nicht mehr aus. Alle nachstehend erwähnten Produkte liefert die
Firma Winklmayr aber auch an jeden Besteller, der sich die Aufarbeitung zutraut,
entsprechende Anleitungen sind natürlich beigefügt. Meist jedoch schrecken Oldtimer-
Restauratoren vor so umfangreichen Arbeiten zurück. Deshalb nimmt die Firma Winldmayr
auch komplette „Restaurierungen" an. Preise dafür lassen sich nicht pauschal nennen, Kunden
erhalten jedoch immer einen Kostenvoranschlag.
Wir wollten aber doch wissen; wie's gemacht wird und bearbeiteten einen Teil der
Rückenlehne. Bei verhärtetem Material sollte das Leder abgenommen werden. Schon hier
können die Probleme beginnen, denn nicht immer geht das ohne später nötige Sattlerarbeiten,
weil Nähte aufgetrennt werden müssen. An einer nach innen umgelegten Kante war der
Originalfarbton noch sehr gut zu erkennen, das erleichtert die Auswahl der richtigen Farbe.
Nach einer intensiven Säuberung mit Reiniger stark wird das Material zunächst mit Altleder
Softener Lederöl von beiden Seiten behandelt. Der Auftrag kann mit Pinsel oder Schwamm
erfolgen. Schon nach einer einzigen Behandlung zeigte sich das Leder deutlich
geschmeidiger. Mehrfaches Wiederholen der Anwendung verbessert das Resultat spürbar.
Wenn der Softener richtig ins Leder eingezogen ist, was schon mal eine ganze Woche dauert,
muss die Fläche mit einem Alkoholreiniger gründlich entfettet werden, bevor die in diesem
Fall unzähligen Risse mit Flüssigleder wie beim Aston-Martin-Sitz geschlossen werden.
Anschließend erfolgt eine Grundierung mit verdünnter Lederfarbe. Hierbei handelt es sich
jetzt um eine relativ stark deckende Farbe, die mit einer Tönung nichts mehr zu tun hat. Die
erste Schicht muss mit einem Schwamm oder einem Lappen auf der Oberfläche verrieben
werden. Ist sie trocken, so erfolgt ein zweiter (oder auch dritter) Farbauftrag mit einer
Spritzpistole. Dazu ist natürlich etwas Übung im Umgang mit der Lederfarbe nötig, ein
Probeauftrag auf einer alten Handtasche oder etwas ähnlichem kann nicht schaden.
Wir waren vom Ergebnis der so teilweise überholten Rückenlehne überzeugt. Was nun noch
fehlte, war die abschließende Behandlung mit Leather Protector beziehungsweise mit
Lederfett. Die so bearbeitete Fläche wirkte sehr sauber, ohne den (meist nicht gewollten)
Eindruck eines fabrikneuen Leders zu erwecken. Oft geäußerte Bedenken, ob die Farbe denn
überhaupt halte oder nicht gar abfärben könne, sind grundlos, wir haben's probiert! Je nach
Zustand und Größe der Innenausstattung stellt die Firma Winklmayr ein individuelles
Restaurierungsset zusammen. Der Preis dafür liegt zwischen € 127 und € 178.
Ein Kompressor und eine Spritzpistole, sowie geeignete Räumlichkeiten sollten vorhanden
sein.
Die aufgeplatzten Nähte des Mercedes-Sitzes sind in jedem Fall ein Job für den Sattler. Bei
der Firma Winklmayr kann aber auch zerrissenes Leder mit einem speziellen Kleber und
Lederspachtel so repariert werden, dass vom Schaden nichts mehr zu sehen ist. Dieser
Lederkleber wird auch an Kunden geliefert, setzt jedoch einige Übung im Umgang damit
voraus.
Wenn Sie nun Lust auf die Pflege oder Überholung Ihrer Leder-Innenausstattung bekommen
haben, sollten Sie sich vor Beginn der Arbeiten eingehend informieren. Schon ein kleines
Stück Leder als Muster ist bei der Wahl der benötigten Produkte und Farben hilfreich. Großen
Wert legen die Firmeninhaber auf eine ausführliche Kundenberatung. Im Idealfall kommt der
Kunde mit dem Fahrzeug oder einem Teil der Ausstattung zur Besprechung der richtigen
Pflege-Therapie zur Firma Winklmayr.
Kontaktadresse: Georg Winklmayr, Lederwaren
Kaiser-Josef-Platz 16a
A-4600 Wels
Tel. Nr.: 07242/4 71 27 FAX: 07242/4 71 27 DW 4
Mobil Nr. 0650 / 471 2700
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www.winklmayr.at